Der römischer Weltpriester Vinzenz Pallotti (1795-1850) gründete vor über 160 Jahren die Gesellschaft des Katholischen Apostolates (Pallottiner). Seine Überlegung: «Alle – ob alt oder jung,
gesund oder krank, allein oder in Gemeinschaft – können auf dem Platz, den ihnen Gott im Leben zugewiesen hat, in irgendeiner Weise und mit Verdienst an den apostolischen Aufgaben Jesu Christi
teilnehmen.»
Als gebürtiger Römer wirkte er in der Ewigen Stadt. Sein Engagement reichte von der akademischen Arbeit an der Universität bis hin zur konkreten pastoralen Verantwortung als Beichtvater, Jugend-,
Kranken-, Militär- und Gefangenenseelsorger.
Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Laien und Priester, liessen sich überzeugen von Pallottis Traum von einer lebendigen Kirche, die Sauerteig und Salz für die Welt sein soll. Die Spiritualität Pallottis und seiner Gleichgesinnten versucht Gebet und Tat, Mystik und Politik zu verbinden. Pallotti wollte die Türen der Kirche öffnen, um hinauszugehen in die Welt, den Menschen die Frohbotschaft zu bringen.
Vinzenz Pallotti hat uns beinahe unzählige Worte, Aphorismen und Gedanken hinterlassen. Was haben diese Worte uns Heutigen zu sagen?
In der Rubrik: "Vinzenz Pallotti sagt", erscheint in der kommenden Zeit jede Woche ein neuer Gedanke. Lassen Sie sich inspirieren von den Worten eines Heiligen, der nicht nur die
Menschen Roms des 19. Jahrhundert begeistert hat, sondern auch uns zum Nachdenken bringt.
Gott ist mehr als alles
Mein Gott! Nicht der Verstand, sondern Gott. Nicht der Wille, sondern Gott.
Nicht die Seele, sondern Gott. Nicht das Sehen, sondern Gott. Nicht das Hören, sondern Gott. Nicht der Geschmack, sondern Gott. Nicht das Atmen, sondern Gott. Nicht das Fühlen, sondern Gott. Nicht das Herz, sondern Gott. Nicht der Leib, sondern Gott. Nicht die Luft, sondern Gott. Nicht Speise und Trank, sondern Gott.
Nicht die Kleidung, sondern Gott. Nicht die zeitlichen Dinge, sondern Gott. Nicht der Reichtum, sondern Gott. Nicht Ehrungen, sondern Gott. Nicht weltliche Auszeichnungen, sondern Gott. Nicht Würden, sondern Gott. Nicht Beförderungen, sondern Gott. Gott in allem und immer. Ja, mein Gott, ich will dich, denn du willst es so. Aus mir heraus dürfte ich noch nicht einmal den Mut haben, dich anzurufen, denn ich habe dich verraten und gekreuzigt. Ich will nichts anders als Gott: nichts, nichts. Mein Gott alles, alles. Gott allein, allein, allein.
Liebe Gottes
Von aller Ewigkeit und in alle Ewigkeit möchte ich Gott mit unendlicher Vollkommenheit lieben und geliebt haben. Aber ich möchte im Himmel sein und auf Erden bleiben: im Himmel, um ihn ohne Maß zu lieben, und auf Erden, um in höchstem Maß aus Liebe zu ihm zu leiden. Ich weiß jedoch, dass ich dessen nicht fähig bin. Ich mache die Meinung, Gott so sehr zu lieben, wie er es verdient, geliebt zu werden, und wie ich wünsche, dass er geliebt werde. lch mache die Meinung, dass alle Geschopfe Gott lieben, wie ich ihn lieben möchte und als hätten sie die Liebe Jesu und Mariens.
Sucht Gott, und ihr werdet ihn finden. Sucht ihn in allen Dingen, und ihr werdet ihn überall finden. Sucht immer, und ihr werdet ihn immer finden.
Gott ist bereit, uns weit mehr zu geben, als wir wünschen können. Aber es ist doch Sein Wille, dass wir alles tun, was wir können und vermögen und wozu wir verpflichtet sind.
Wer auf Gott vertraut, wird nicht verwirrt. Wenn Sie daher verwirrt sind, ist es ein Zeichen dafür, dass Sie nicht genügend vertrauen.
Gott wird an alles denken, wenn wir alles tun in der festen
Überzeugung, dass wir ohne ihn nichts tun können.
Ein Bild und sein Programm
Am Samstag vor Pfingsten feiern die pallottinischen Gemeinschaften das Fest „Maria, Königin der Apostel“ als ihr Patronatsfest. Man findet dieses Fest im offiziellen Liturgiekalender nicht. Auch der Titel „Maria, Königin der Apostel“ ist selten. Er stammt aus der lauretanischen Litanei aus dem 16. Jahrhundert deren Wurzeln wie der Name besagt im Wallfahrtsort Loreto in Italien liegen. Der heilige Vinzenz Pallotti war selbst als Pilger an diesem grossen Marienwallfahrtsort wo nach der Legende das Haus der Heiligen Familie von Engelshand aus Nazaret hergebracht worden sein soll. Aber das ist eine andere, spannende Geschichte!
In dieses Haus ist nach dem Lukasevangelium der Engel Gabriel eingetreten und hat Maria verkündet, dass sie bei Gott Gnade gefunden habe, ein Kind empfangen und einen Sohn gebären werde, dem sie den Namen Jesus geben solle (Lk 1, 26 ff.). Auf die Frage, wie dies geschehen solle heisst es, dass es ein Werk des Heiligen Geistes sei.
Maria verlässt das Haus und geht zu Elisabeth um ihr diese frohe Botschaft zu bringen. Diese ruft, bewegt vom gleichen Heiligen Geist, aus: „Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ (Lk 1, 42).
Das ist der Beginn! Und nun braucht es einen grossen Schritt bis Pfingsten. In Jerusalem haben sich die Apostel, die Jüngerinnen und Jünger mit Maria zusammen aus Furcht im Abendmahlssaal versteckt und eingeschlossen. Wieder ist es Maria, die mit ihrer Gebetshaltung die Freunde Jesu zusammenhält. Ihr Gebet hat in der Nachfolge Jesu einen entscheidenden Impuls empfangen: „Dein Reich komme!“ (Mt 6, 10). Und wieder ist es der Heilige Geist, der wirkt: Die Kirche wird geboren um für das kommende Reich Gottes Zeungis abzulegen. Wieder öffnet sich die Türe, wie damals in Nazaret, und nun tragen alle diese Frohe Botschaft hinaus.
Das ist es, was den hl. Vinzenz Pallotti ergriffen hat: Maria, offen für das Wirken des Heiligen Geistes, hat am Anfang des Lebens Jesu die Frohbotschaft verkündet und ebenso tut sie es am Anfang des Lebens der Kirche und nimmt die Apostel sozusagen in die Schule, denn sie versammelt sich um sich und öffnet dem Heiligen Geist die Türe, damit alle Türen aufgestossen werden und die Frohbotschaft hinausgetragen werden kann. Sie hat als erste erfahren, was Apostolat bedeutet, sie ist – wie in der lauretanischen Litanei gepriesen – die Königin der Apostel!
Die Idee von einem allgemeinen Apostolat lässt Vinzenz Pallotti vom Maler Seraph Cesaretti nach einem Kupferstichvorbild von Friedrich Overbeck ausführen. Er besteht aber darauf, dass die Pfingstgemeinde durch weitere Menschen erweitert wird, denn alle sind nun berufen Apostel zu sein. Das ist eine neue Sicht von Kirche: Apostolisch ist sie nicht nur aufgrund der Nachfolger der Apostel (Papst und Bischöfe, Hierarchie), sondern aufgrund der Verantwortung aller Getauften, die Frohbotschaft vom Reich Gottes in Wort und Tat zu verkünden. Ein kleines, fast subversives Symbol: Auf diesem Bild hat Petrus für einen Moment die Schlüssel aus den Händen gegeben und sie auf den Boden gelegt!
Das Leitbild „Maria, Königin der Apostel“ fordert die pallottinischen Gemeinschaften immer wieder neu heraus, dem Heiligen Geist Raum zu geben, missionarische Kirche zu sein, Türen, aber auch den eigenen Kreis zu öffnen und beim Hinausgehen möglichst viele mitzunehmen, um die Frohbotschaft auf ganz verschiedene Weisen zu verkünden.
P. Adrian Willi